Stadtrat lässt Schulkinder in der Kälte stehen

Was sich beim ersten Lesen wie eine Schlagzeile aus der Boulevardpresse liest, wurde während der Ratssitzung am Montagabend traurige Tatsache.

Seit November 2022 kämpfen die Eltern des Höhenortes Hilberath für eine angemessene Beförderung ihrer Schulkinder. Hierzu muss man wissen, dass der hier verkehrende Linienverkehr durch den Verkehrsverbund Rhein-Mosel bestritten wird mit der Absicht, das Ahrtal an die Bahnstrecke Bonn-Euskirchen anzubinden. Der Fahrplan ist folglich auf die Fahrzeiten der Bahn angeglichen, die Schulkinder aus Hilberath sind nur zusätzliche Fahrgäste.
Grundsätzlich sind Schulkinder in NRW auf den öffentlichen Nahverkehr anzuweisen. Aber es fand zu keiner Zeit eine Bedarfsanalyse für den Öffentlichen Personennahverkehr mit Bezug zu den Fahrschülern – regelmäßig die stärkste Nutzergruppe – statt. So müssen Schüler der Gesamtschule Villeneuver Straße am Morgen die Haltestelle Burgacker nutzen, um zeitgerecht die Schule zu erreichen. Die Kinder queren im Berufsverkehr ohne Ampel oder zumindest ohne Fußgängerüberweg die Landstraße. Kein Zustand, der die Eltern sorgenfrei lässt.

Nachdem nahezu alle Bemühungen ins Leere verliefen aufgrund von Zuständigkeiten, Vertragsbindung und ähnlichen Gründen, konzentrierte sich das Anliegen der Eltern auf das Machbare. Nach der 7. Schulstunde müssen die Kinder der weiterführenden Schulen mehr als eine Stunde auf eine Beförderungsmöglichkeit warten. Sie kommen ohne Verzögerung bis in den 3 Km entfernten Nachbarort Todenfeld. Dort endet sei 2017 die Linie 740, um eine vorgeschriebene Pause wahrzunehmen. Wer nun glaubt, man könne den Fußweg über Feldwege oder die Landstraße nach Hilberath antreten, ist herzlich eingeladen, dies zu versuchen. Es bleiben ein umständlicher Fußweg durch den Wald oder eine Nutzung der Landstraße. Letztere verbietet sich wegen einer sehr hohen Unfallgefahr.

Die UWG nahm das Anliegen der Eltern auf und stellte im zuständigen Fachausschuss Umwelt und Mobilität am 3. September den Antrag auf Schließung dieser unangemessenen Transportlücke. Die Verwaltung wurde aufgefordert Maßnahmen zur Schließung der Transportlücken zu ergreifen. In der Folgesitzung am 19. November führte die Verwaltung aus, dass man noch bei der Bedarfsermittlung sei.

In ihrer Verzweiflung wandten sich die Eltern mit einem Bürgerantrag an den Rat der Stadt Rheinbach. Die UWG hatte mittlerweile eine Bedarfsermittlung durchgeführt, ergänzte mit einem Begleitantrag die genaue Zahl der Schulkinder an den einzelnen Schultagen und beantragte den Weitertransport von Todenfeld nach Hilberath ab dem 7. Januar 2025 mit einem Taxi. So wäre die Transportlücke nach der 7. Schulstunde geschlossen. Übrigens wird der regelmäßige Taxieinsatz in Rheinbach bereits praktiziert – für den Rat also keine grundlegende Neuerung.

Und jetzt geschah das Unglaubliche. Man setzte sich erst gar nicht mit dem Sachverhalt im Rat auseinander, sondern verwies das Anliegen formal in den Fachausschuss Umwelt und Mobilität. Obwohl sowohl die UWG als auch der stellvertretende Bürgermeister Kerstholt mit einer sachlich emotionalen Rede Partei für die Eltern und Kinder ergriffen, stimmten die Fraktion mit Ausnahme der UWG und einzelner Ratsangehörigen gegen eine rasche Entscheidung und für ein Verweisen in den Fachausschuss.

Im Klartext: Die Kinder dürfen auch den Rest des Winters und mindestens bis hin zum Frühjahr durch Rheinbach stromern und an Haltestellen ihre Zeit verbringen, ohne Schutz vor Regen oder Wind.
Der Ortsvorsteher aus Hilberath E. Mosblech zitierte nach dem Abstimmungsverhalten Friedrich Schiller: „Das war kein Heldenstück, Octavio.“

BUZ: Haltestelle Himmeroder Wall ohne Wetterschutz